Integrität

14. Februar 2011

Am 24.04.2007 hatte ich gegen die (damaligen) Richter des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts Frau Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, Herrn Dr. Hans-Jürgen Papier und Herrn Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, sowie gegen die damalige Bundesministerin der Justiz Frau Brigitte Zypries Strafanzeige wegen Rechtsbeugung gestellt. Anlage

Der Inhalt der Akte der Staatsanwaltschaft Berlin zu dieser Strafanzeige besteht aus einem einzigen Blatt, mit dem die zuständige Staatsanwältin die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 172 Abs. 2 StPO verfügt hat. Anlage

In diesem Schreiben vom 26.04.2007 heißt es, der Sachverhalt sei erkennbar nicht strafbar. Anlage

Mit gleichem Recht könnte ich der Begründung der Staatsanwaltschaft entgegnen, der Sachverhalt sei erkennbar strafbar. Der Erkenntniswert ist in beiden Fällen gleich Null.

Das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung kennen dementsprechend keine gesetzliche Regelung, wonach ein Sachverhalt bereits vor Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Strafbarkeit erkennbar strafbar sein muss.

Das wäre dann ein neuer erster Paragraph der Strafprozeßordnung, wonach Ermittlungsverfahren zur Strafbarkeit einer angezeigten Handlung nach diesem Gesetz nur zulässig sind, wenn die Handlung für die Staatsanwaltschaft bereits vor Beginn der Ermittlungen erkennbar strafbar ist.

Normen dieser Qualität enthalten das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung lediglich hinsichtlich ihres persönlichen Anwendungsbereichs.

Mit Schreiben vom 21.05.2007 habe ich gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Beschwerde erhoben. Anlage

Mit Schreiben vom 09.07.2007 hat die zuständige Generalstaatsanwaltsanwaltschaft mitgeteilt, man sehe sich nicht in der Lage, entgegen dem angefochtenen Bescheid anzuordnen, dass Ermittlungen angestellt werden. Anlage

Als Bundesministerin der Justiz sei Frau Zypries bei der Erarbeitung von Gesetzesvorlagen durch ihr Ministerium nicht mit der Entscheidung einer Rechtssache im Sinne von § 339 StGB (Rechtsbeugung) befasst, da Gesetze gemeinhin keine Einzelfallentscheidung treffen können, sondern nur abstrakte, vom Einzelfall gelöste Regelungen.

In Bezug auf die Richter des ersten Senats des BVerfG sei kein Tatverdacht ersichtlich, weil durch die Entscheidung vom 29.01.2003 keine gerichtlichen Aufgaben an den Gesetzgeber delegiert worden seien. Dass dem Gesetzgeber aufgegeben wird, tatsächliche Entwicklungen zu beobachten und in Reaktion auf diese gesetzliche Regelungen zu ändern, ist ureigenste Tätigkeit des Gesetzgebers. Wenn das Gericht hingegen – wie vorliegend – rechtliche Hinweise gibt, in welchen Fällen eine Unvereinbarkeit mit den grundgesetzlichen Regelungen noch oder nicht mehr gegeben sei, ist dies seine ureigenste Befugnis und kein Eingriff in die Gesetzgebung.

Ich fasse zusammen. Mit der Strafanzeige wird ein Sachverhalt vorgetragen, der auf Grund seiner Abweichung von der nach Gesetz üblichen und zulässigen Verfahrensweise als möglicherweise strafbar angezeigt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen ab, weil es sich bei üblicher und zulässiger Verfahrensweise nicht um strafbare Handlungen handeln würde.

Ich habe Akteneinsicht beantragt.

Mit Schreiben vom 13.08.2007 hat die Generalstaatsanwaltschaft eine Akteneinsicht abgelehnt, weil ich weder dargelegt habe, dass ich durch die behauptete Straftat verletzt bin, noch ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht vorgetragen habe. Anlage

Mit Schreiben vom 18.08.2007 habe ich daher zur Verletzteneigenschaft vorgetragen. Anlage

Daraufhin teilte die Generalstaatsanwaltschaft in einem Schreiben vom 22.08.2007 mit, da ich an dem fraglichen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht beteiligt war, in dem festgestellt wurde, dass jede Klage auf ein gemeinsames Sorgerecht unzulässig ist, könne ich nicht Verletzter sein. Ein Klageerzwingungsantrag sei daher unzulässig. Mit einer entsprechenden Stellungnahme habe die Generalstaatsanwaltschaft den Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Strafsenat des Kammergerichts zurückgesandt. Anlage

Die später durch das Kammergericht gewährte Akteneinsicht enthielt die entsprechende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 22.08.2007. Anlage

Mit Schreiben vom 17.08.2007 habe ich bei dem Kammergericht Berlin einen Antrag auf Anklageerzwingung, bzw. Anordnung von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft gestellt. Er ist als PDF-Datei meinem Artikel zu Familie, Ideologie und Recht beigefügt.

Mit Schreiben vom 01.09.2007 habe ich gegenüber dem Kammergericht zu der Verletzteneigenschaft Stellung genommen. Anlage

Mit Schreiben vom 18.09.2007 habe ich gegenüber dem Kammergericht noch einmal zu der Verletzteneigenschaft Stellung genommen. Anlage

Mit Beschluss vom 02.11.2008  hat der erste Strafsenat des Kammergerichts meinen Antrag auf Erzwingung von Ermittlungen zurückgewiesen. Anlage

In der Begründung führt das Kammergericht aus, ich sei als Beschwerdeführer, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht hingewiesen habe, durch die von mir behauptete Straftat nicht im Sinne des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO verletzt. Bei den von mir bezeichneten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sei ich nicht Verfahrensbeteiligter gewesen, war jedoch für den Tatbestand der Rechtsbeugung erforderlich gewesen wäre, um die Verletzteneigenschaft zu begründen (unter Hinweis auf OLG Karlsruhe NStZ-RR 2011, 112). Der Umstand, dass ich – wie jeder Bundesbürger – den Gesetzen unterworfen bin, die Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen gewesen sind, vermittele mir ebenfalls keine Verletzteneigenschaft.

Mit Schreiben vom 13.12.2010 habe ich erneut Strafanzeige gegen die (ehemaligen) Richter des ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts. Frau Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, Herrn Dr. Hans-Jürgen Papier und Herrn Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, sowie gegen die damalige Bundesministerin der Justiz Frau Brigitte Zypries gestellt.

Der Inhalt entspricht weitgehend meinem Schreiben vom 13.12.2010 an das Kammergericht, mit dem ich erneut einen Antrag auf Anklageerzwingung, bzw. die Anordnung von Ermittlungen gegen die genannten Personen gestellt habe. Anlage

Mit Schreiben vom 21.12.2010 hat mir die Staatsanwaltschaft Berlin mitgeteilt: „unter Bezugnahme auf Ihr o. g. Schreiben, das Sie als weitere Strafanzeige verstanden wissen wollen, teile ich Ihnen mit, dass mich mich zu einer dem hiesigen, Ihnen zugestellten Bescheid vom 30. April 2007 abweichenden Auffassung nicht veranlasst sehe. Es handelt sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der bereits Gegenstand Ihrer Strafanzeige vom 24. April 2007 war. Daran ändert auch die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweichende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nichts.“ Anlage

Mit Schreiben vom 09.01.2011 habe ich dem Kammergericht das vollständig begründete Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin nachgereicht. 

Mit Schreiben vom 11.01.2011 hat mir der erste Strafsenat des Kammergerichts mitgeteilt: „in der früheren Ermittlungssache gegen Zypries u. a. teile ich mit, dass das von Ihnen angestrengte Klageerzwingungsverfahren mit dem Beschluß des Senats vom 2. November 2007 abgeschlossen und auf die von Ihnen übersandte Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 5. Oktober 2010 hier nichts mehr zu veranlassen ist.“ Anlage

Mit Beschluss vom 04.02.2011 hat der dritte Strafsenat des Kammergericht meinen erneuten Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen. Zwar läge jetzt eine Entscheidung eines Familiensenats des Kammergerichts vor, mit der mein Antrag auf gerichtliche Entscheidung über ein gemeinsames Sorgerecht ausdrücklich wegen § 1626a und der dazu ergangenen Entscheidung des BVerfG als unzulässig abgelehnt sei, doch lasse sich der weitere Inhalt dieser Entscheidung, die ich meinem Antrag beigefügt hatte, meinem Antragsvorbringen selbst nicht entnehmen. Meinem Antrag lasse sich nur entnehmen, der Famliensenat des Kammergerichts habe seine Entscheidung nicht ausschließlich auf § 1626a BGB, sondern auch auf andere Erwägungen gestützt. Da ich es als Antragsteller unterlassen habe, die diesbezügliche weitere Begründung der Entscheidung (in dem Antrag selbst) mitzuteilen, sondern diese nur pauschal als unbeachtlich bezeichnet habe, hätte ich dem Senat auch auf der Grundlage meiner Behauptungen zur Verletzteneigenschaft nicht die Möglichkeit zur Prüfung gegeben, ob ich durch diese Entscheidung, die in einem Satz auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug nimmt, im hiesigen Verfahren tatsächlich Verletzter im Sinne von § 172 ABs. 2 Satz 1 StPO sei.“ Anlage

Tatsächlich hat der Familiensenat des Kammergerichts in seiner Entscheidung in einem einzigen Satz auf die Entscheidung des BVerfG vom 29.01.2003 Bezug genommen und allein damit die Berufung, bzw. die Berufungsbeschwerde als unzulässig abgewiesen. Zu den weiteren Ausführungen des Familiensenats in dieser Entscheidung hatte ich mit dem Anklageerzwingungsantrag vom 13.12.2010 vorgetragen: „Soweit das KG sich in dieser Entscheidung zu dem möglichen Ergebnis eines Klageverfahrens äußert, ist das nach der Feststellung des Gerichtes, die Durchführung eines solchen Verfahrens sei nicht zulässig, unbeachtlich. Die Verweigerung eines rechtsstaatlichen Verfahrens als unzulässig kann (zumindest in einem Rechtsstaat) nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, das Egebnis eines solchen Verfahrens stehe schon fest.“

Wie die weitere (eingeschränkte) Akteneinsicht bei dem Bundesministerium der Justiz am 17.01.2011 ergab, befindet sich die schriftlich niedergelegte Entscheidung der ehemaligen Bundesministerin der Justiz Frau Zypries, die durch das BVerfG in seiner Entscheidung vom 29.01.2003 unterstellten tatsächlichen Behauptungen nicht zu überprüfen, unter Aktenzeichen 3473/7 in Band 21 zu einer Ministervorlage vom 28.07.2003, mit der die Notwendigkeit einer solchen Prüfung auf Grund der Entscheidung des BVerfG vom 29.01.2003 der Ministerin dargelegt worden ist.

Insofern durch die Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 (1 BvR 420/09) mittlerweile feststeht, dass die Durchführung der Untersuchung zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 1626a BGB geführt hätte, ist das Bundesministerium der Justiz möglicherweise zivilrechtlich all denjenigen Vätern zum Schadenersatz verpflichtet, deren Klagen in der Zeit vom 29.01.2003 bis zum 21.07.2010 auf Grund des § 1626a BGB in der Zeit nach der Entscheidung der Bundesministerin der Justiz als unzulässig abgewiesen worden sind. Da die entscheidende Information nach wie vor verweigert wird, gilt eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren. Allerdings wird auch solchen Schadenersatzansprüchen, wie anscheinend Ermittlungen wegen Rechtsbeugung, die Feststellung entgegen stehen, dass solche Klagen, wären sie denn zulässig gewesen, niemals hätten zum Erfolg führen können, weil sie per se einen fehlenden Konsens zwischen den Eltern bedeuten, der ein gemeinsames Sorgerecht ausschließt, womit es bei dem alleinigen Sorgerecht der nicht zum Konsens bereiten Mutter bleiben muss. Das gilt nicht für solche Väter, die auf Grund der Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 durch Entscheidung des Familiengerichtes die gemeinsame Sorge erhalten.